Der Markt für Data Expert:innen ist ein Bewerbermarkt. Unternehmen konkurrieren immer häufiger um qualifizierte Data Scientists, Data Engineers, Data DevOps Entwickler, Datenschutz-Expert:innen und Co., um ihre vakanten Stellen zu besetzen und die digitale Transformation im Unternehmen voran zu bringen. Es kommt daher zu einer Machtverschiebung von den Unternehmen zu den Bewerber:innen. In der aktiven „Bewerber-Rolle“ finden sich zunehmend die Recruiter:innen wieder – sie müssen für ihre Vakanz und ihr Unternehmen werben. Doch wie gelingt es, passende Fachkräfte für das eigene Unternehmen und die ausgeschriebene Stelle zu begeistern? Meiner Erfahrung nach können Sie als Unternehmen mit folgenden Vorgehensweisen punkten:
1. Formulieren Sie passgenaue Stellenanzeigen
Wo Data Science drin ist, muss Data Science draufstehen. Data Scientists wollen als ebensolche arbeiten – und nicht als „Business Analyst“, „Referent:in für Marketing“ oder „Mitarbeiter:in Datenaufbereitung“. Ein treffender Titel für die Vakanz sowie eine aussagekräftige Beschreibung der zu verwendenden Technologien und Methoden sorgen dafür, dass die Stellenanzeige von der richtigen Zielgruppe gefunden wird.
2. Zeigen Sie Ansprechbarkeit und Verbindlichkeit
Ob eine Bewerberin oder ein Bewerber sich persönlich betreut und mit dem Interesse an der Vakanz ernst genommen fühlt, hängt wesentlich von den persönlichen Kontakten von Beginn bis zum Ende des Recruiting-Prozesses ab. Wenn in der Stellenanzeige eine Kontaktperson mit Telefonnummer genannt wird, sollte diese Person auch erreichbar sein und Fragen rund um die ausgeschriebene Stelle beantworten können.
Davon, bei der Planung eines Vorstellungsgesprächs einfach per E-Mail eine Einladung zu einem fixen Termin zu verschicken, rate ich ab. Die Botschaft, die damit vermittelt werden würde, lautet: „Wir hier im Unternehmen X haben einen straffen Zeitplan, danach müssen Sie sich richten.“ Besser ist es, in einem gemeinsamen Telefongespräch mehrere passende Zeitfenster zu finden und zeitnah danach die Einladung für einen von diesen zu verschicken.
Zum Thema Verbindlichkeit gehört es, die im Unternehmen getroffene Entscheidung für oder gegen eine:n Kandidat:in so bald wie möglich zu kommunizieren. Meist steht die Entscheidung entweder (nach einer kurzen internen Besprechung) direkt nach dem Gespräch oder zumindest nach Abschluss der jeweiligen Bewerbungsrunde mit allen Kandidat:innen fest. Die transparente Übermittlung der Entscheidung oder des im Unternehmen intern geplanten Zeitrahmens dafür ermöglicht es den Bewerber:innen, sich darauf einzustellen. Ghosting, d.h. sich über Wochen oder gar nicht mehr zu melden, ist ein absolutes No-Go.
Insgesamt haben Unternehmen mit einem zügigen Recruiting-Prozess die besten Chancen, die Wunschperson für die vakante Stelle für sich zu gewinnen. Wie schnell der Prozess im eigenen Unternehmen ist, kann anhand entsprechender KPIs verfolgt und optimiert werden – siehe Punkt 5.
3. Begegnen Sie den Kandidatinnen und Kandidaten fachlich auf Augenhöhe
Üblicherweise führen Recruiter:innen gemeinsam mit der / dem zukünftigen Vorgesetzten die Bewerbungsgespräche. Beide Personenkreise verfügen manchmal nicht über tiefes fachliches Wissen rund um Data Science. Dies trifft insbesondere auf die frühe Phase des Aufbaus von Data Science Teams und / oder auf kleinere und mittelständische Unternehmen zu. Ob Bewerber:innen ihre Gesprächspartner:innen bei fachlichen Diskussionen überlegen sind oder ob im Gespräch auf Augenhöhe „gefachsimpelt“ werden kann, merken alle Beteiligten schnell. Wenn die bislang vorgesehenen Unternehmensvertreter:innen für ein Data Science Vorstellungsgespräch noch nie von Random Forest, Overfitting, ROC Curve, Docker oder Git Repository gehört haben, bietet sich an, über die Einbeziehung eines internen Fachkollegen bzw. -kollegin oder externen Expert:innen nachzudenken. Die Wahrnehmung einer dieser Optionen führt zu einer Win-Win-Situation: Der/Die Kandidat:in fühlt sich mit den eigenen Data Science Skills verstanden und kann zudem schon erste zukünftige Kolleg:innen kennenlernen. Und das Unternehmen kann sich letztlich sicher sein, dass die bewerbende Person auch wirklich über die fachliche Expertise verfügt, welche für die zu besetzende Stelle benötigt wird.
4. Bauen Sie Data Science Teams strategisch auf
Daten- (und IT -) Spezialist:innen werden nicht selten bildlich als einsam am Rechner programmierende Personen dargestellt. Wer einzelne von ihnen rekrutieren und in Fachteams mit ausschließlich nicht-datenaffinen Personen ansiedelt, und dann davon ausgeht, dass
- die Person die mit ihren Data-Aufgaben verknüpften Ziele erreicht und
- die Person in ihrem Arbeitsumfeld zufrieden ist
wird mit der Zeit eines besseren belehrt.
Strategisch sinnvoller für ein Unternehmen ist der gezielte, zentrale oder semi-zentrale Aufbau von Data Science DevOps Teams, in denen Spezialisten mit unterschiedlichen Data-Rollen Projekte von der Ideenfindung über die Modellentwicklung und technische Operationalisierung umsetzen und dabei mit- und voneinander lernen können. Mit einer entsprechenden Strategie und der Aussicht für die Kandidat:innen, in einem Team mit gleichgesinnten arbeiten zu können, können sich Unternehmen als attraktiver Arbeitgeber für Data Scientists und weitere Data Expert:innen positionieren.
5. Analysieren und optimieren Sie Ihren Recruiting-Prozess datengetrieben
Durch relevante, erfassbare, genaue und benchmark-fähige KPIs (Key Performance Indicators) die vorhandenen Prozesse zu erfassen, analysieren und optimieren gehört in vielen Unternehmensbereichen längst dazu und hält zuletzt auch Einzug in den Human Ressources Bereich. Im Recruiting von Data Scientists spielen sowohl die Schnelligkeit als auch die Qualität des Bewerbungsprozesses zentrale Rollen. Diese können beispielsweise mit folgenden KPIs gemessen und optimiert werden: Time to Interview, Time to Fill, Interview Rejection Rate, Offer Acceptance Rate, Candidate Satisfaction, Early Fluctuation.
Statt diese KPIs für den Recruiting Prozess allgemein zu erheben, wird die Bewerber-Perspektive durch die individuelle Betrachtung der KPIs pro Person deutlicher. Zum Beispiel wird mit dem KPI „Time to Interview“ normalerweise die Zeitspanne von der Ausschreibung bis zum ersten Gespräch gemessen. Wie lange eine Person jedoch zwischen dem Absenden einer Bewerbung und einer Rückmeldung bzw. einem Vorstellungsgespräch warten muss, bleibt verborgen. Wird jedoch pro Person erhoben, wie lange es vom Eingang der Bewerbung bis zum Interviewtermin oder bis zur Absage dauert, kann die Perspektive aus Bewerbungssicht nachvollzogen und gegebenenfalls optimiert werden. Analog können „Time to Fill“ und weitere KPIs pro Bewerbungsvorgang gemessen werden.
Um passende Recruiting KPIs einzuführen, zu definieren, zu erheben, zu analysieren, und als Grundlage für die Steigerung von Effizienz und Erfolg zu nutzen, braucht es – Daten-Expertise! So kann diese Weiterentwicklung im HR Bereich einen Beitrag auch zum besseren gegenseitigen Verständnis zwischen Recruiter:innen und Data Science Kandidat:innen beitragen. Meine Angebote zum Aufbau von Data Science Teams und zum Recruiting von Data Expert:innen finden Sie hier.